Fliegenfischen an der Fuscher Ache

Nicht sonderlich geschickt

Ich stelle mich beim Fischen nicht sonderlich geschickt an. Versenkte Köder, ineffiziente Knoten und verhedderte Angelschnüre gehören bei mir zu den Klassikern. Dazu kommen noch eine deprimierende Fangquoten und einen Sohn, der es nicht versteht, wie man einem Hobby mit so viel Elan und so wenig Ehrgeiz nachgehen kann.

Angeln um der Sache wegen

Dabei finde ich es besonders entspannend, wenn ich Mal etwas machen darf, das nicht ergebnisorientiert ist. In meiner Freizeit leiste ich mir diesen Luxus. Beim Angeln ist es mir bisher um die Sache an sich und nicht um den Erfolg gegangen. Natürlich freue ich mich, wenn ein Fisch anbeisst. Aber wenn nicht ist es auch gut. Dann spare ich mir den brutalen Akt des Tötens und muss den Fisch nicht ausnehmen. Letzteres finde ich eklig. Ausserdem ist Fleisch auch ein leckeres Nahrungsmittel. Im Grunde finde ich es schön in der Natur zu sein und das Wasser zu beobachten. Bis jetzt hat mir das gereicht.

Mein Sohn denkt da ganz anders

Mein Sohn denkt da ganz anders. Der Erfolg beim Fischen ist ihm wichtig. Wenn er etwas macht, dann hat er den Ehrgeiz es besonders gut zu machen und im Gegensatz zu mir, macht er das auch. Anders als sein Vater besitzt er manuelles Geschick. Mit diesem Geschick widmet er sich seit neustem der hohen Kunst des Fliegenfischens. Er ist ein Anfänger, aber mit Stolz beobachte ich seine enorme Lernfähigkeit.

Der Erfolg ist ihm wichtig.

Mein Sohn hingegen beobachtet bei mir eine gewisse Lernresistenz und in diesem Kontext ist er so gar nicht stolz auf seinen Vater. Das ist ein Umstand, den ich gerne ändern möchte. Überhaupt kann ich gar nicht sagen, ob es irgendeinen Kontext gibt, in dem mein Sohn stolz auf mich wäre. Ich glaube eher nicht. Vielleicht ist ja das Fliegenfischen eine Möglichkeit, um seine Anerkennung zu erlangen. Ich müsste hier nur etwas geschickter agieren und mehr Ehrgeiz an den Tag legen. Irgendwann hätte ich die Sache so gut drauf, dass ich wie Brad Pit (1) im heroischen Kampf mit einer Forelle obsiege. Mein Sohn würde mich dann nicht mehr ständig kritisieren. Im Gegenteil, er würde mir auf die triefend nasse Schulter hauen und sagen: „Gut gemacht Papa.“

Die Kunst des Fliegenfischens beginnt mit der Kunst des Geldausgebens

Eine schöne Vorstellung, so schön, dass ich mir fest vornehme das Fliegenfischen zu erlernen. Es ist mir klar, dass ich mich dafür richtig ins Zeug legen muss. Vor allem benötige ich eine geeignete Ausrüstung, denn die hohe Kunst des Fliegenfischens beginnt mit der hohen Kunst des Geldausgebens. Bei Rute, Rolle und Schwimmschnur wähle ich ein Anfängerset von Orvis. Damit ich mich halbwegs trocken durch reissende Gewässer arbeiten kann, brauche ich eine wasserdichte Wathose und ein paar wasserfeste Watschuhe. Dazu einen kurzen Kescher, den man lässig auf dem Rücken trägt. Dann noch ein paar Köder. Der Vorteil ist, dass man keine Maden und Würmer zu Tode quälen muss. Es reicht eine Dose mit diversen Imitationen, vor allem mit Fliegen und Nymphen. Dazu noch einige Streamer. Das sind kleine Fischchen, die aus Metall, Federn und Fell gefertigt sind. Hinzu kommt das übliche Mordwerkzeug: Fischtöter, Zange, Massband, diverse Vorfachschnüre usw. Der Mann, der mir das ganze Zeug verkauft, freut sich sichtlich. In einem Comic würden kleine Dollarzeichen in seinen Pupillen aufblitzen.

Angelferien an der Fuscher Ache: Wildromantisch

Derart ausgestattet beschäftige ich mich nun mit den Erfolgsfaktoren Zeit und Ort. Der passende Rahmen, um das Fliegenfischen zu erlernen, sind richtige Angelferien. Als Ort ist ein fischreiches und schwieriges Gewässer optimal. Ersteres, um die Erfolgsaussichten zu maximieren. Letzteres, um die Anerkennung meines Sohnes zu erlangen. Ja und dann muss auch noch ein Profi her. Ein begnadeter Pädagoge, der aus einem Tölpel wie mir einen richtigen Fliegenfischer macht. Ein Lehrer, der dafür sorgt, dass ich genauso souverän, cool und gutaussehend wie Brad Pitt agiere. Naja, der letzte Punkt wird ohne Schönheitschirurgie etwas schwierig. Also fokussiere ich mich auf die Adjektive souverän und cool.

Fischreiches Salmonidengewässer

Die Wahl des Gewässers fällt auf die Fuscher Ache, ein Nebenfluss der Salzach im österreichischen Unterpinzgau. Das fischreiche Salmonidengewässer scheint der perfekte Lernort zu sein. Die Umgebung ist stellenweise wildromantisch. An die 550 Meter Höhenunterschied sorgen für eine starke Strömung. Der dichte Uferbewuchs macht das Angeln hier zur echten Herausforderung. Es gibt auch einen kleinen Stausee, an dem ein Anfänger wie ich die verschiedenen Würfe üben kann.

Perfekter Lernort

Jetzt braucht es nur noch eine geeignete Unterkunft und den Profi, der uns das Fliegenfischen nahebringt. Beides finden wir im Gasthof Zacherl Bräu. Das gemütliche Traditionslokal liegt mitten in Bruck, einem kleinen Ort an der Großglocknerstrasse. Thomas Huber, der Wirt, und sein Sohn Jörg sind versierte Angler und intime Kenner des Gewässers. Für die Einführung nimmt sich Thomas viel Zeit. Dann lässt er uns erste Erfahrungen machen. Mein Sohn fängt schon am Anfang eine 40 cm lange Regenbogenforelle. Ich habe zwei Bisse und beide Male versemmle ich den Drill. Anstatt Anerkennung bekomme ich Spott und Belehrungen. Ich habe den Kardinalfehler für Anfänger gemacht. Mein Anschlag war nicht beherzt genug. Die Schnur muss ständig unter Spannung sein, was sie leider nicht war. OK, dass nächste Mal werde ich es besser hinbekommen.

Gemütliches Traditionslokal

Mein Sohn fängt in den nächsten Tagen lustig weiter. Eine kapitale Bachforelle und unter der sachkundigen Anleitung von Jörg einen schönen Saibling. Jörg versucht auch mir die Technik des Werfens näher zu bringen, merkt aber bald, dass er es mit einem Härtefall zu tun hat. Keinen Brad Pitt, sondern eher einen Mr. Bean. Er informiert seinen Vater und der nimmt sich meiner an. Mit Engelsgeduld zeigt mir Thomas das Handling der Angel. Ich lerne verschiedene Würfe, die schnelle Köderführung bei klarem Wasser und die langsame Köderführung in trüber Brühe. Das Bewegen des Streamers und das Setzen von Fliege und Nymphe. Am Nachmittag ziehe ich dann ohne Thomas los und siehe da, auf meinen Streamer beisst eine grosse Regenbogenforelle. Gemeinsam mit meinem Sohn gelingt die Landung des Fisches. Er freut sich über meinen Erfolg, klopft mir auf die Schulter und meint. „Gut gemacht Papa, aber du musst noch eine Menge lernen.“ War wohl nichts mit dem stolzen Sohn. Dafür lasse ich mir die Forelle im Zacherl Bräu schmecken. Die gefangenen Fische werden auf Wunsch frisch in der Küche zubereitet. Dazu trinke ich das selbstgebraute Bier des Hauses – köstlich.

Die selbstgefange Forelle frisch zubereitert serviert

Aus kulinarischer Sicht ist das Zacherl Bräu ein Geheimtipp. Nicht umsonst hängen hier die Auszeichnungsurkunden des Gault Millau. Egal, ob man die Forelle mitbringt oder sich etwas auf der kleinen aber feinen Karte aussucht, die Gerichte des Hauses sind Poesie für die Geschmacksnerven. Das Zacherl Bräu bietet traditionelle österreichische Küche vom Feinsten.

Poesie für die Geschmacksnerven

Trinke ich nach dem Essen noch diesen vorzüglichen Schnapps, den Jörg aus Dörrbirnen brennt, ist die Welt für mich in Ordnung. Auch an den Tagen, an denen ich nichts fange.

Mein Sohn ist erfolgreich

Mein Sohn ist weiterhin erfolgreich, während ich beim Drill mehrmals scheitere. Vor allem eine Forelle beißt immer wieder und entkommt mir dann im letzten Moment. Einmal verknackse ich mir beim Drill leicht den Fuss und beginne Kapitän Ahab zu verstehen. Diese zwanghafte Figur aus Melvilles berühmten Ronan war mir immer suspekt. Jetzt aber wird diese Forelle zu meinem Moby Dick. Ich will sie haben. Das ich dabei den Überlebenstrieb des Fisches persönlich nehme, ist meinem Sohn eher unheimlich. Anderen Fliegenfischern nicht. Sie beobachten amüsiert, wie meine Köder im einzigen Baum weit und breit hängen bleiben. Mein Sohn kann es nicht mehr mitansehen, wie ich mich als Schmalspur Ahab zum Gespött der Fischer mache. Er erbarmt sich meiner und übt mit mir. Ich lerne von ihm die verschiedenen Knoten und sie halten besser als früher. Er übt mit mir die Würfe, die wir bei Thomas und Jörg gelernt haben und meine Angelschnur verheddert sich nicht mehr so oft wie vorher. Am Ende ist mein Sohn nicht sonderlich stolz auf mich, aber gelegentlich mit meiner Leistung zufrieden. Dafür bin ich stolz auf meinen Sohn, auf seine Geduld mit mir und seine pädagogischen Fähigkeiten. Ich bewundere sein Geschick und seine schnelle Auffassungsgabe. Ja ich bin stolz auf ihn, und irgendwie ist es auch wichtiger, dass Väter auf ihre Söhne stolz sind und nicht umgekehrt. Vor allem geniesse ich die Zeit, die wir miteinander verbringen und dass wir es miteinander guthaben. Ich bin meinem Sohn wichtig und das ist das Allerbeste.

Zeit miteinander verbringen

Am letzten Tag verhilft mir Jörg dann doch noch zum grossen Fang. Er leitet mich an, korrigiert meine Fehler und siehe da, es funktioniert. Mit seiner Hilfe fange ich eine 40 cm lange Regenbogenforelle. Danach ziehe ich allein los. Mit der bei Jörg gelernten Technik fange ich gleich noch eine 20 cm lange Bachforelle. Den kleinen Fisch setzte ich wieder zurück. Die Regenbogenforelle aber lassen wir uns schmecken. Dank Jörg ist mein Sohn nun doch ein wenig stolz auf seinen Vater.

Stolzer Fang

Link

Angelferien im Gasthof Zacherl Bräu werde ich wieder machen. Im Herbst kombiniert mit einer Motorrad-Tour, denn die Großglocknerstrasse ist eine Fahrt wert. Schön ist, dass man die Motorräder im Zacherl Bräu witterungsgeschützt unterstellen kann.

www.fischerurlaub.at

www.zacherlbraeu.at

Jörg leitet meinen Sohn an

Impressionen aus dem Gasthaus

Das Zacherl Bräu ist urig eingerichtet. Sowohl die Gaststube als auch der Gastgarten haben etwas romantisches. Die Wirtshauskultur, die man hier lebt, wird allgemein geschätzt. Es lohnt also zu reservieren.

Anmerkung

(1) Aus der Mitte entspringt ein Fluß: In keinem Film wird das Fliegenfischen so schön in Szene gesetzt, wie in der US-Amerikanischen Literaturverfilmung aus dem Jahre 1976. Regie führt Robert Redfort und Brad Pitt mimt einen draufgängerischen Fliegenfischer.

Bachforelle aus der Fuscher Ache
Die Fuscher Ache fliesst durch das Käfertal, einem Naturschutzgebiet mit selten Orchideen und vielen Insektenarten.
Naturerlebnis an der Fuscher Ache
Wildes Wasser

Comments

    • Lieber Gallus

      Ja, in dem Alter steht die Emanzipation von den Eltern im Vordergrund. Dazu gehört, dass man sie kritisch hinterfragt.

      Herzliche Grüsse
      Thomas

  1. Wieder eine der feinen Geschichten. Ich hoffe, dein Sohn liest sie ebenfalls 😀

    Übrigens… man kann sich ja fragen, worauf der eigene Nachwuchs bei einem selbst (vielleicht) stolz ist. Man kann aber auch den Nachwuchs fragen. Nicht aus pädagogischen Gründen, sondern weil die Antworten vielleicht sehr überraschend ausfallen.

    So, jetzt muss ich mir aber unbedingt die DVD mit diesen unsagbar tollen Fliegenfischeraufnahmen rauskramen. Hab ich schon ewig nicht mehr gesehen. Und wieder große Lust auf diesen Film. Vielleicht gibt’s ja ein Stückchen frische Räucherforelle dazu??

    • Lieber Rani

      Ich habe deinen Rat befolgt und meinen Sohn gefragt. Die Antwort war spannend. Da kamen Sachen, von denen ich nie gedacht hätte, dass das für ihn von Bedeutung ist. Zumindest meint mein Sohn, dass ich schöne Fotos mache, empfiehlt mir hier aber mehr Spontanität.

      Herzliche Grüsse
      Thomas

      • … mit den schönen Bildern hat er recht 👍 Mit der Spontanität kann mann‘s so oder so sehen… für perfekte Bilder braucht’s halt manchmal Vorarbeit und das richtige Arrangement. Mir selber fällt das schwer, ich bin eher der Spontanknipser. Aber bei dir sieht man, dass da Arbeit und oft auch Planung in den Bildern drinsteckt. Mir gefällt‘s sehr gut 😎

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